Singapur und Malaysia waren die ersten Destinationen unserer Weltreise, die wir schon vor der Weltreise einige Male besucht hatten und umfassend kannten. Daher waren hier eigentlich nur kurze Aufenthalte vorgesehen. Für Singapur ist uns das tatsächlich auch noch gelungen…
Allgemein
Südostasien war der Teil auf der Weltreise, den wir bereits am besten kannten. Außer auf den Philippinen, in Brunei und Laos waren wir bereits mindestens einmal in allen Ländern der ASEAN. Der Gedanke, in einem dieser Länder mal länger als nur die üblichen zwei Wochen Schulferien zu bleiben, ist uns freilich schon häufiger in den Sinn gekommen – war sogar zeitweise anfangs Teil unserer Sabbathical Erwägungen, ist aber letztlich der Priorität, die Erde zu umrunden, gewichen. Mit COVID19 hatten wir nun doch die Chance mal ein Land von innen nahezu touristenfrei kennenzulernen.
Land und Leute
Tiefer in ein Land eintauchen als zu einem Pandemie Lockdown, bei dem eine mega nette malaysische Familie uns bei sich aufnimmt, gibt es vermutlich kaum. Die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Malaysier war uns nicht neu, aber trotzdem weiterhin überwältigend. Wo sonst wird man am nächsten Morgen beim Frühstück darauf hingewiesen, dass man versehentlich am Vorabend beim Bezahlen zu wenig Wechselgeld erhalten hat (so geschehen auf Pulau Tioman)? Zudem trifft man in Malaysia viele verschiedene Kulturen an (Malayen, Chinesen, Inder, westliche Expats).
Neben sehr herzlichen und hilfsbereiten Menschen öffnet sich einem ein ausgesprochen abwechslungsreiches Land. Kuala Lumpur hat etwas Futuristisches, fast Dystopisches. Die Inseln im Osten können durchaus mit Traumdestinationen wie Fidschi mithalten. Die Städte sind oriental (Kuala Terengganu, Kota Bharu), kolonial (Georgetown, Melakka), beschaulich (Ipoh, Kuala Kangsar, Taiping), westlich (Langkawi, Johor Bharu) oder mitten im ältesten Dschungel der Welt (Kuala Tahan, Kuching).
Die beiden wichtigsten Begriffe in Malaysia sind: Makan – Tidor (dt.: Essen – Schlafen). Man mag es, gut und viel zu essen. Gesunde Ernährung steht nicht ganz weit oben. Es wird liebend gerne frittiert (deep-fried), ein paar hartgekochte Eier hinzugefügt und viel Reis (Nasi) gegessen. Fleisch ist zudem fast immer Bestandteil der Gerichte. Und wenn es nicht scharf (spicy) ist, ist es sehr süß (Kacang, ABC).
Getrunken wird hauptsächlich Kaffee (Kopi Susu, mit sehr süßer Milch), gesüßter Tee (Teh Tarik) oder andere sehr stark gesüßte Getränke mit viel Eis. Obwohl Malaysia sehr islamisch geprägt ist, bekommt man in jeder größeren Stadt Alkohol – üblicherweise im jeweiligen Chinatown District. Allerdings ist das ganze etwas teurer als in Europa (aber weitaus billiger als beispielsweise in anderen islamischen Ländern in Nordafrika oder den Emiraten). Einige Inseln wurden gar als Duty Free Zonen erklärt (Tioman und Langkawi) – hier kommt man tatsächlich noch sehr günstig nicht nur an Bier und Spirituosen, sondern auch Zigaretten und Parfum.
Auch wenn die Malaysier sehr herzliche und nette Menschen sind – können sie einen manchmal zur Weißglut bringen. In Geschäften hatten wir sehr häufig den Eindruck, dass die Verkäufer dort gar nicht wissen, warum sie da sind (außer um die Klimaanlage zu genießen). Beispiel: Wir waren Schuhe kaufen für die älteste Enkelin unserer Gastfamilie in einer festen Verkaufsbude. Die Verkäuferin guckte sich unsere Bemühungen zurückhaltend an. Auf Nachfrage nach der Passform bei Schuhen, die offensichtlich viel zu groß waren, kam nur ein lächelndes “Passt perfekt”. Auf die Frage, ob es die Schuhe in einer kleineren Größe gibt, gab es nur ein Schulterzucken. Wir fanden schließlich selbst ein Exemplar in kleinerer Größe im Regal.
In Kuala Terengganu fanden wir einen gut sortierten Buchladen. Allerdings funktionierte die Kartenzahlung nicht und wir verließen das Geschäft mit Waren, ohne dass dafür etwas abgebucht wurde. Natürlich beglichen wir die Rechnung ein paar Tage später, nachdem uns das aufgefallen war, in bar. Ob das jemand aus dem Geschäft verstanden hat und wie das letztendlich verbucht wurde, bleibt weiterhin unklar.
Überhaupt beeindruckt man scheinbar beim Personal lieber mit Masse statt Klasse. Bei Watsons (Drogeriekette) hatten wir den Eindruck stets mindestens zweimal so viel Personal im Geschäft vorzufinden wie eigentliche Kunden. Auch hier ist keiner im Umgang mit Kartenzahlung vertraut, doch ließen sie es sich durchgehend erklären, denn die Technik dafür ist ja da.
Unterkünfte
Von der einfachsten Hütte am Strand, über ein Zelt im Dschungel bis hin zu 5-Star-Resorts haben wir in Malaysia alle Unterkünfte bewohnen dürfen.
Natürlich ist uns unsere Hütte “Kemboja” auf Pulau Kapas nach ca. 3 Monaten, die wir dort gewohnt haben, sehr ans Herz gewachsen.
Allerdings gibt es bei dem schönen, monatelangen Strandleben auch die eine oder andere Schattenseite. Die Luftfeuchtigkeit, insbesondere nahe am Salzwasser, sorgt dafür, dass Rost und Schimmel ein immer vorhandener Begleiter sind. Sogar unsere Lederportemonnaies haben Schimmel angesetzt. Schaltet man den Ventilator nur mal für ein paar Minuten aus, umgibt einen der muffige Schimmelgeruch. Wer damit Probleme hat, für den ist vermutlich ein längerer Aufenthalt auf einer malaysischen Insel kein guter Rat.
Gleiches gilt für fließendes Wasser (kann auf einer Insel schon mal ausfallen) oder elektrischen Strom. Wer sein Handy kontinuierlich braucht, sollte geladene Powerbanks dabei haben.
Grundsätzlich haben die Malaysier das Motto “Maybe Tomorrow” perfektioniert. Gerne werden Dinge angefangen, aber nicht unbedingt zu Ende gebracht. Vielerorts findet man “halb fertig gebaute” Häuser, die wohl niemals wieder jemand weiterbauen wird.
Hausbau ist überhaupt ein gutes Stichwort: Pfusch am Bau wurde hier wohl mitkonzipiert. Auch bei besseren Hotels haben längere Treppen stets verschiedene Stufenhöhen. Man hat oft den Eindruck, dass die Arbeiter beim Bau unkoordiniert an verschiedenen Stellen angefangen haben. Anders lassen sich die vielen Stolperstufenübergange in großen, eigentlich ebenen Räumen oder Terrassen, schwer erklären.
In jedem Kronleuchter fehlen Glühbirnen. Es gibt selbst in designierten Superior-Rooms Löcher in der Wand, aber keiner weiß, wofür man die gebohrt hat.
Unterkünfte sind normalerweise für Südostasien vergleichsweise teuer. Wir hatten zu COVID19 Zeiten allerdings immenses Glück, mit erheblich niedrigeren Preisen konfrontiert zu sein. Teilweise sind die Preise um bis zu 70% eingebrochen.
Logistik und Verkehr
Der Verkehr in Südostasien wird häufig assoziiert mit rumpeligen, gequetschten Minibusfahrten, überteuerten Tuk Tuk- bzw. Taxifahrten und Billigfliegern von Scoot, AirAsia und Co.
Malaysia ragt hier jedoch positiv raus:
So gibt es:
- gut ausgebaute Zugnetze: Allerdings nicht mehr so gut ausgebaut wie vor einigen Jahren, in denen man noch von Singapur nach Bangkok im selben Zug durchfahren konnte. Leider lässt auch die für die Nachzüge seit Jahren angekündigte erste Klasse lange auf sich warten, sodass Nachtfahrten nur im Großraumschlafwagen möglich sind.
- ein dichtes preisgünstiges Überlandbussystem: Die App Redbus ermöglicht es, nahezu alle Verbindungen bargeldlos zu buchen. Die Busse sind meist recht bequem, machen regelmäßig Pausen und haben Klimaanlage. Der Fahrstil einiger Fahrer war jedoch etwas gewöhnungsbedürftig
- Grab: Für die kurze Strecke (bis 50 km) bietet sich ein Taxi per Grab an. Die App erinnert sehr an UBER, erlaubt bargeldloses Zahlen von Festpreisen und war immer sehr zuverlässig. Mittlerweile kann man mit Grab auch in Geschäften bezahlen oder Essen nach Hause bestellen
- Billigflüge: Wenn es dann doch mal schnell gehen muss, gibt es mit Malindo, AirAsia und Firefly gleich drei sehr günstige Billig-Airlines. Allerdings geht es (insbesondere nach COVID) AirAsia und Malindo nicht mehr so gut. Wir mussten leidvoll erfahren, dass Stornierungen und Rückerstattungen bei diesen beiden Airlines sehr schwierig oder nicht möglich sind. AirAsia hat scheinbar gar keinen Kundenservice mehr mit Menschenkontakt
- Fähren: Für viele Inseln die einzige Möglichkeit. Leider sind die Fähren häufig vergleichsweise teuer. Häufig kommen noch Gebühren für den Nationalpark hinzu.
- PKW: Wir selbst sind nicht gefahren, hatten aber häufig das Vergnügen, auch privat im PKW mitfahren zu dürfen. Grundsätzlich macht das Straßennetz von Malaysia einen sehr guten Eindruck. Allerdings ist Malaysia auch eine kleine Rennfahrernation und einige Male haben wir schon etwas geschwitzt. Anschnallen wird eher als Empfehlung verstanden. Fast schon typisch sind die im Auto vorne rumtobenden Kinder, die der Fahrt auch kein beruhigenderes Gefühl geben.
Alles in allem fühlt man sich logistisch in Malaysia schon auf westlichem Niveau. Allerdings liegt man auch bei den weltweiten Unfallstatistiken ganz weit vorne, was insbesondere zu “Balik Kampung” immer wieder sichtbar wird.
Kosten und Geld
Die ASEAN Länder sind ja grundsätzlich für die deutlich günstigeren Lebenshaltungskosten bekannt. Malaysia macht da keine Ausnahme. Der malaysische Ringgit (ca 5:1 zum Euro) ist eine recht stabile Währung, bei der man für viele Dinge des alltäglichen Lebens durchaus Preise kalkulieren kann, die 1:1 zum Euro stehen. D.h. wenn man für Lebensmittel und Essen im Restaurant in Deutschland x Euro bezahlt, so bezahlt man in Malaysia x Ringgit – also ca. 20%. Taxifahren ist extrem billig, Tanken dank Petronas ebenfalls (volltanken für 50-70 Ringgit).
Ausnahmen sind Luxusgüter, Alkohol und Unterkünfte (ob Hotels oder Condos), wobei man bei den ersteren beiden von den Duty Free Gebieten (Tioman, Langkawi) Gebrauch machen kann. Was die Unterkünfte angeht, hatten wir aufgrund der fehlenden Touristen wegen COVID19 noch Glück, teilweise sehr günstig (10 EUR pro Nacht in einer luxeriösen Hütte in Taman Negarah) zu wohnen.
Bargeldloses Bezahlen ist grundsätzlich möglich. Allerdings sind viele Verkäufer nicht komplett geschult und lehnen Bezahlung per Handy (GooglePay) ab, weil sie es einfach nicht kennen. In 7/11 (Supermarkt) wird gerne mal gesagt, dass die Kreditkartenmaschine kaputt sei oder nur lokale Karten annimmt. Etwas nervig. Insbesondere wenn sich zu COVID Zeiten das kontaktlose Bezahlen aus Infektionsschutzgründen anbietet.
Bargeldabhebungen sind auch ein Abenteuer. So bekommt man nicht an allen Geldautomaten mit allen Karten überhaupt Geld. Selbst die VISA Wunderkarte der DKB verliert ihre Magie. Entweder sie geht gar nicht oder man bekommt nur einen bestimmten Betrag pro Auszahlung (1000 Ringgit) bzw. insgesamt pro Tag (4000 Ringgit). Auf den Inseln ohne ATM und Kreditkartenmöglichkeit ist viel Bargeld häufig essentiell – gerade in einem Lockdown.
Bekommt man schließlich Geld wird die Gebührenfreiheit, welche die DKB verspricht, dadurch kompromittiert, dass die lokalen Banken einfach undifferenziert auf den Abhebebetrag noch Gebühren draufschlagen,
Und sonst…
Von allen Ländern, in denen man einen COVID-Lockdown hätte verbringen müssen, ist aus unserer Sicht Malaysia nach wie vor die mit Abstand beste Wahl. Insbesondere, wenn man – wie wir – das Glück hatte, auf einer einsamen Insel ohne wirkliche Bewegungseinschränkungen leben zu können.
Natürlich gibt es viele Dinge, mit denen sich viele vermutlich schwer tun würden. Seinen es “nette Überraschungsgäste in der Wohnung” (Spinnen, Skorpione, Tausendfüßler, etc.), die ständige Luftfeuchtigkeit oder die etwas sehr entspannt chaotische Lebenseinstellung. Zudem hat Malaysia definitiv ein Müllproblem, das man zwar vordergründig nicht immer und sofort wahrnimmt. Geht man jedoch tiefer ins Land und an die Ecken der Trauminseln, die nicht über die ausgetretenen Touristenpfade angeschlossen sind, findet man Unmengen an Plastikmüll. Solange es für jeden Mist im Supermarkt Plastiktüten gibt, wird sich hier wohl auch nicht viel ändern. Außerdem werden Getränke fast ausschließlich in Einweg-Plastik-Flaschen angeboten.
Bei alledem – denkt man über einen längeren (Expat-)Aufenthalt im Ausland nach – steht für uns immer noch mehr auf der Plus-Seite; In Malaysia kann man durchaus auf westlichem Standard leben mit wenig Geld. Dazu ist man sehr schnell an anderen Traumdestinationen wie Thailand, Indonesien oder den Philippinen. Eine Reise nach Australien oder Neuseeland ist plötzlich auch mal für 2 Wochen möglich. Die Menschen sind wesentlich entspannter und die kulturelle Vielfalt ist riesig.
Zum Schluss noch alle Tagebuch-Artikel zu Malaysia in chronologisch aufsteigender Reihenfolge.